Mechanisches Fernsehen aus dem Bausatz!

Die britische Firma MUTR, ein Vertrieb wissenschaftlicher Spielzeuge und Modelle Zusammenarbeit mit der Middlesex University brachte im Jahr 2006 einen mechanischen Fernseher als Bausatz heraus. Dieser Bausatz kann noch immer für 28,67 englische Pfund (rund 30 EUR) dort bestellt werden.

Gesagt, getan. Mitte 2007 habe ich mir einen solchen Bausatz bestellt. Bezahlen mit Kreditkarte war trotz merkwürdiger Fehlermeldungen kein Problem. Schon nach wenigen Tagen war das sorgfältig verpackte Paket eingetroffen.

Leider hatte ich vor einiger Zeit einen Festplattencrash, daher habe ich keine Bilder mehr vom Zusammenbau, wohl aber neue Fotos von dem Gerät und der Verpackung:

Der Zusammenbau ist auch für Leute mit zwei linken Händen kein Problem. Die Anleitung ist zwar auf Englisch, dank der Bilder aber selbsterklärend. Eine Modifikation habe ich bereits vor der Inbetriebnahme vorgenommen: Anstelle des Batteriefachs habe ich gleich einen Transformator mit 6 Volt angeschlossen (Polung beachten!!). So ein Trafo ist inzwischen billiger als die erforderlichen 4 Mignonzellen, bzw. Akkus. Man sollte aber schon darauf achten, einen geregelten Transformator zu kaufen.

Das Gerät ist erstaunlich klein, die Nipkowscheibe hat einen Durchmesser von nur 20 cm. Ton hat das Gerät nicht, allerdings wird ein Kopfhöreranschluss durchgeschleift. Zum testen hat das Gerät einen eingebauten Testbildgenerator, solange keine Bildquelle (CD-Player) angeschlossen ist, kann man das Testbild sehen. Ideal um die Motorgeschwindigkeit einzustellen. Schwierigkeiten gab es auch gleich beim Synchron: Der Motor beschleunigte gleich auf "Vollgas" und ließ sich kaum drosseln. Die Ursache ist ganz einfach: Entgegen der Anleitung wird die Scheibe nicht so weit wie möglich am Ende der Achse aufgesteckt, sondern so nahe wie möglich an der Lichtschranke! Der weiche Kunststoff wabbelt etwas, das ist normal, kann aber an der Lichtschranke schleifen. Also vorsicht.

Über einen tragbaren CD-Player habe ich die mitgelieferte CD abgespielt, der Kopfhörerausgang ist mittels des ebenfalls mitgelieferten Kabels zuvor an den "Televisor" angeschlossen worden. Die Filmchen sind kurz und von bemerkenswert schlechter Qualität. Offenbar wurde der Fernseher nach alten Plänen der NBTV nachgebaut, ohne Rücksprache mit dem Verein zu nehmen. Für das Erstellen wurde ohne besondere Not eine eigene, allerdings sehr schlechte Lösung gewählt, obwohl es hervorragende Software zum konvertieren von Filmen bereits gibt! Schade. Am Filmmaterial mangelt es also nicht, das Gerät ist glücklicherweise voll kompatibel zum NBTV-Standard mit 32 Zeilen.

Den MUTR-Televisor im Einsatz zeigt folgender Film bei Youtube:

Das Bild ist in Wirklichkeit besser als im Film zu sehen, aber umwerfend ist es nicht. Der Synchron funktioniert gut, allerdings wesentlich besser, wenn der Fernseher richtig warm gelaufen ist. Ansonsten muss man häufiger mal nachstellen.

Verbesserungen

Es stellt sich also die Frage, wie man den Televisor verbessern kann. Das eher dunkle, rote Bild erinnert daran, wie das Fernsehbild vor fast 80 Jahren wirklich ausgesehen hat. Man kann es jedoch einfachst verbessern zu einem normalen schwarzweiß Bild. Die originale LED ist auf einer kleinen Platine aufgelötet, welche nur diese LED als einziges Bauteil enthält. Diese LED kann also auch mit geringer Löterfahrung gegen eine ultrahelle, weiße LED ausgetauscht werden. Das zweite Problem ist der Diffusor. Das mitgelieferte Plastikteil ist eher schlecht geeignet. Experimentieren mit anderen Materialien hilft. Ich habe "Architektenpapier", eine Art dickes "Butterbrotpapier" genommen. Hier zwei Fotos von dem verbesserten Bild, aufgenommen durch Steve Ostler, einem anderem Mitglied der NBTVA.

Bereits eine wesentliche Verbesserung! Mir persönlich gefiel allerdings das fragile Gehäuse nicht. Außerdem ist trotz Vergrößerungslinse das Bild kaum größer als 1,5 cm. Weniger störend ist für mich das Fehlen einer Bildmaske, welche die Teilbilder ober- und unterhalb der Synchronstreifen verdecken. Dafür fand ich den Winkel zum fernsehen unpraktisch: Man muss schon gerade auf die Linse sehen, um was zu erkennen. Steht der Apparat auf dem Tisch, muss ich mich bücken. Ich wollte also das Gerät schräg stellen.

Also machte ich mich auf die Suche nach einem passenden Gehäuse, wo noch Platz bleibt eine stärkere Linse einzubauen. Fündig geworden bin ich bei einem alten Koffergrammophon, wo das Innenleben von dem Vorbesitzer bereits entfernt worden ist, kein Grammophon musste somit sterben für diese Bastelei. Die Linse stammt vom Flohmarkt, sie war als Vergrößerungsglas für einen Gameboy gedacht. Einfach die Forderfront des Gerätes entfernt, und den Televisor in den Deckel des Grammophons geschraubt. Zuvor habe ich natürlich ein "Guckloch" in den Deckel gebohrt. Die Linse ist in einem einfachen Aufbau auf den Deckel gesetzt. In den Unterteil des Grammophons habe ich eine Sperrholzplatte gesetzt. Diese nimmt das Netzteil auf, außerdem einen kleinen 1 Watt Verstärker (Bausatz aus dem Elektroladen) und die Anschlüsse im Cinch-Format für die Bildquelle.

Fertig sieht es dann so aus:

Man erkennt auf der Vorderseite die Linse (von einem Gameboy), ansonsten ist das Gerät eingebaut.

Innen sieht man das bis auf die fehlende Vorderseite unveränderte Innenleben. Unter der Holzplatte im Boden befindet sich ein 1 Watt Audioverstärker (Bausatz) mit Lautsprecher, sowie der Cinchadapter für den Anschluss eines CD-Players oder Kamera. Dies erschien mir wesentlich praktischer als den Klinkenstecker an der Unterseite reinzupfriemeln. Der Transformator findet Platz im ehemaligen Trichter, dort wird er zum Transport verstaut. Er ist auf der Innenseite fest an einer kleinen Platine angeschlossen, von der die Stromversorgung sich zum Monitor und zum Verstärker hin gabelt. Inzwischen habe ich das Gerät ein weiteres Mal umgebaut, in der Holzplatte ist jetzt ein größerer Lautsprecher für besseren Klang. Jetzt fehlt nur noch die Lackierung.

Auf der Classic-Computing 2007 in Stuttgart habe ich den Televisor bereits im Dauerbetrieb laufen lassen, er lief ohne Probleme (bis auf ein einmaliges Nachstellen der Nipkowscheibe, welche auf der Achse "gewandert" ist.)

Mehr Informationen

Inzwischen ist dieser Bausatz zu einem großen Erfolg geworden, und dank des schwachen britischen Pfundes auch sehr preiswert geworden. Viele Leute haben sich damit schon auseinander gesetzt, und weitere Informationen, den kompletten Schaltplan und Verbesserungsvorschläge zusammen getragen. Hier eine kleine Linkliste:

Schaltplan des MUTR-Kit
Allgemeine Diskussion
Video über die Montage